Nutria bejagen und verwerten
In den letzten Jahren hat der Bestand der Nutria, eines der Neozoen, stark zugenommen. Dies erfordert dringend Maßnahmen zur Kontrolle. Als Jäger nehmen wir hierbei Verantwortung wahr. Nutria, wie auch Waschbär, Marderhund und Mink, können neben ökologischen auch erhebliche wirtschaftliche Schäden verursachen.
Herkunft und Ausbreitung der Nutria
Die Nutria, bekannt für ihre charakteristischen orangefarbenen Zähne, stammt ursprünglich aus Südamerika. Sie wurde für die Pelztierzucht nach Europa eingeführt. In den 1920er Jahren gründeten aus Farmen ausgebrochene und freigelassene Tiere die ersten Populationen in Deutschland. Inzwischen haben sich Nutria entlang nahezu aller Fließgewässer mit reichhaltiger Ufervegetation und Wasserpflanzen verbreitet. Die milden Winter, verursacht durch den Klimawandel, haben in den vergangenen Jahren zu einem drastischen Anstieg ihrer Bestände geführt. Denn natürlichen Feinden entbehren die schätzungsweise bis zu 10 kg schweren Nager in Deutschland. Ohne natürliche Mortalität im Winter kann es aufgrund ihrer Fortpflanzungskapazität – bis zu drei Würfe pro Jahr mit jeweils fünf bis neun Jungen – rasch zu Überpopulationen kommen. Die Jungtiere erreichen bereits nach etwa sechs Monaten die Geschlechtsreife.
Stark steigende Jagdstrecke
Der Anstieg der Nutriapopulation zeigt sich auch in den Jagdzahlen. In den letzten sechs Jahren hat sich die Jagdstrecke mehr als versechsfacht: Im Jagdjahr 2019/2020 wurde mit 88.197 Nutrias eine Rekordzahl erreicht, wovon fast die Hälfte (41.369) aus Niedersachsen stammt. Aktuelle Zahlen des DJV unterstreichen die Dringlichkeit, das Bestandsmanagement in den Fokus zu rücken.
Schäden durch die Nahrungsaufnahme
Nutria sind reine Pflanzenfresser. Sie fressen erheblich an der Ufervegetation, was den Lebensraum von Amphibien und Fischen gefährdet und Brut- sowie Rückzugsgebiete für Vögel zerstört. Zudem sind sie nicht vor Fraßschäden in der Landwirtschaft gefeit, da sie auch seltene Pflanzenarten – darunter Arten aus der Roten Liste wie die Sumpf-Schwertlilie – schädigen.
Hochwasserschutz in Gefahr
Eine der größten Gefahren ergibt sich aus dem Höhlenbau der Nutria. Ihre Grabaktivitäten unterhöhlen Deichanlagen, was bei Hochwasser zu einem schnelleren Brechen dieser führen kann. Tragische Folgen solcher Hochwasserkatastrophen sind uns seit dem vergangenen Sommer bekannt. Auch kleinere Schäden, wie das Abrutschen von Landmaschinen an geschädigten Uferkanten, sind mögliche Konsequenzen.
Effiziente Bejagungsstrategien
Seit 2016 wird die Nutria in der EU als invasive Art klassifiziert und gehört zu den hundert besonders problematischen Arten weltweit. Obwohl sie nicht im Bundesjagdgesetz aufgeführt ist, wurde sie in den meisten Bundesländern in das Jagdrecht aufgenommen. In einigen Landkreisen gibt es sogar Prämien von bis zu zehn Euro für jedes erlegte Tier.
Die effektivsten Bejagungsstrategien beinhalten das Abpassen an Wechseln zu ihren Äsungsplätzen sowie das Anfüttern mit Obst, Gemüse oder Mais. Die Fangjagd, idealerweise mit Lebendfallen, erweist sich als effektiver. Dies ist besonders wichtig, da die Nutria denselben Lebensraum wie der geschützte Fischotter bewohnt. Fangplätze sind typischerweise in der Nähe der Bauten oder an Zwangswechsel zwischen Bauten und Äsungsflächen. Als Köder bieten sich Obst oder Gemüse wie Äpfel oder Sellerie an.
Wichtiger Hinweis: Seien Sie vorsichtig, wenn Sie Ihren Hund zur Nutriajagd mitnehmen, insbesondere bei der Nachsuche verletzter Tiere, da es bereits zu schweren Verletzungen durch die kräftigen Zähne der Nager gekommen ist.
Nutria – mehr als nur ein Wildtier
In ihrem Heimatland Südamerika gilt die Nutria, traditionell mit Öl und Pfeffer zubereitet, als Delikatesse. In Deutschland wurde ihre Fleischverwertung lange Zeit vernachlässigt, erfreut sich jedoch zunehmend großer Beliebtheit – und das zu Recht! Geschmacklich erinnert Nutriafleisch an eine Kombination aus Kaninchen und Spanferkel. In alten DDR-Kochbüchern finden sich viele Rezepte, da das Fleisch dieser für den Pelzexport gezüchteten Tiere von der Bevölkerung genutzt wurde. Vor der Zubereitung ist es ratsam, die Fettschicht zu entfernen, da diese einen tranigen Geschmack haben kann.
Die Nutzung des Fleisches ist eine sinnvolle Option, um den Wildbestand zu regulieren. Durch das Verzehren der Nutria erfahren die Tiere den Respekt, den sie verdienen, im Gegensatz zu einer halbherzigen Entsorgung, bei der lediglich der Schwanz entfernt wird. Nutzen wir die Chance, diese tierische Ressource sinnvoll zu verwerten – für den eigenen Genuss und zum Wohle der Natur.